Geschichte

Bonlanden — von 1854 bis heute

Bonlanden
heißt der kleine Ort im süddeutschen Illertal, an dem 1854 der Grund für das Kloster der Franziskanerinnen von Bonlanden gelegt wurde.

„Im Glauben wurzelnd — vom Glauben durchdrungen.“

Das 19. Jahrhundert brachte den Menschen in Europa große wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen:
einerseits:
zahlreiche Erfindungen, Fortschritt, Aufbruchstimmung
andererseits:
Abhängigkeit, Verarmung, Resignation, Enttäuschung, unendlich große Not.
Faustin Mennel war als Diözesanpriester in sehr unterschiedlichen Regionen der Diözese Rottenburg mit dieser Realität konfrontiert.
In seiner Pastoralarbeit entwickelte er ein aufmerksames Gespür für das, was die Menschen in dieser Situation dringend von der Kirche brauchten:
Ethische Orientierung und geistliche Kraft.

Tragend ist dabei der Glaube als das unbedingte Vertrauen darin, dass Gott in allem ist, durch alles wirkt und mit allem lebt, was er erschaffen hat. Ein solcher Glaube befreit zum Handeln.

Wenn die Zeit reif ist — „Gott zeigt seinen Willen zur rechten Zeit“

Faustin Mennel wird die Niederschrift seiner Kloster-Chronik so beginnen:
Den Plan zu dem Werk, dessen Geschichte ich hier aufzeichnen will, habe ich nicht etwa erst vor einem Jahre gefasst, sondern schon lange, ja seitdem ich Priester bin, in mir herumgetragen.“

Seine Erfahrung und Erkenntnis in der Pastoral fasst er so zusammen:

Sie …“ befestigte mich in dem Gedanken, wie segensreich ein Kloster in unserem Lande wirken könnte, das Beten und Arbeiten in rechter Weise miteinander verbände, lehrte und übte und dabei eine praktisch religiöse Erziehung und Bildung gewähren würde. “
Er … „wünschte in echt christlicher Einfachheit und Strenge eine Klosterfamilie entstehen zu sehen, die im Geiste und in der Wahrheit Gott diente und andere es lehren könnte durch Wort und Beispiel.“ (Chr.)

Ein Plan nimmt Gestalt an — das Modell

Faustin Mennel hat jahrelang „Erfahrungen“ gesammelt, „Menschenkenntnis“ erworben und Kontakte zu „guten Freunden“ aufgebaut. (Chr.)
Er hat verschiedene Klöster und deren Einrichtungen besucht und Beziehungen weiter gepflegt.

Allmählich hat sich das Modell „Klosterfamilie“ (Chr.) für seine Gründung herauskristallisiert:

  • ein Frauenkloster nach der Ordensregel des hl. Franz von Assisi
  • dazu ein Erziehungs- und Bildungsinstitut für Mädchen und junge Frauen, insbesondere für solche aus armen Familien
  • ein Zuhause für pflegebedürftige, alte, einsame Frauen
  • Lebensraum für weibliche Mitglieder der franziskanischen Gemeinschaft
  • sowie für einige Mitarbeitende, Studierende und Pensionäre.

 8. Dezember — 1854

Über den 8. Dezember 1854 schreibt Faustin Mennel in seiner Chronik:
„Am Feste Mariä Empfängnis wurde der inzwischen immer reifer gewordene Plan, für eine klösterliche Anstalt mit einem Kloster ein neues Haus an obigem Platze zu erbauen, der seligsten Jungfrau anempfohlen und gewidmet.“

Seine Gründung sollte später, bezogen auf die Dogmenverkündigung, den rechtlichen offiziellen Titel: „Franziskanerinnen von der Unbefleckten Empfängnis Mariens“ erhalten. Faustin Mennel selber sprach von den Bonlander Franziskanerinnen oder den Franziskanerinnen von Bonlanden, was bis heute gängig geblieben ist.

Das Erbe — kostbar

Am 02.03.1854 ist von Dillingen an der Donau aus eine selbständige Niederlassung in Oggelsbeuren bei Ehingen, etwa 50 km von Bonlanden entfernt, gegründet worden.
Vier Schwestern wurden ausgesandt und eröffneten ein Lehr- und Erziehungsinstitut. Sechs Jahre später folgte dann von dort aus der Umzug nach Sießen bei Saulgau.

Faustin Mennel wurde mit seiner Anfrage in Dillingen von der Oberin, Frau Meisterin Theresia Haselmayr, an Oggelsbeuren verwiesen.
So kamen ein gutes Jahr später zwei Ordensfrauen, Kandidatinnen und weitere Frauen von Oggelsbeuren, die vorläufig zur Mithilfe bestimmt waren, um Faustin Mennel bei der Umsetzung seines Planes zu unterstützen.
Damit durfte der Bonlander Anfang durch und mit den Oggelsbeurener Schwestern – den heutigen Franziskanerinnen von Sießen – anknüpfen an die reiche Tradition der Dillinger Franziskanerinnen, die bis ins Jahr 1241 zurückreicht.

Auch zu den Klöstern Au am Inn (1854) und Heiligenbronn (1856) bestehen so durch gemeinsame Wurzeln besondere Verbindungen.

„Die Liebe sagt niemals: — ‚Es ist genug‘!“

Die kreativen, anpackenden Charaktereigenschaften Faustin Mennels zeigen sich darin, dass er unmittelbar im Anschluss an seinen Chronikvermerk schreibt: „Sofort ging’s ans Werk.“

„Der Kegel des Hügelvorsprungs wurde abgegraben, in der Mitte 15 – 20 Ellen hoch, 90 – 100 Ellen breit, 40 – 50 Ellen lang, um die für das Haus und den Hofraum nötige ebene Fläche zu erhalten.
Der Winter war sehr günstig, so dass beinahe immer an den Grabarbeiten fortgemacht werden konnte; auch halfen viele Bauern, indem sie Mörge auf ihre Äcker hinwegführten.
An St. Johannis, am 27.12.1854, wurden die ersten gebrannten Steine von Edenbachen herbeigeführt und später trat zweimal zur rechten Zeit anhaltende Schlittenbahn ein, so dass die Backsteine von allen Seiten, von Edenbachen, Edelbeuren, Bollsberg, Kronwinkel, Altenstadt wie hergeflogen und endlich c. 200 000 beisammen auf dem Hügel lagen.

Die Bürger von Bonlanden leisteten sehr viele Steinfuhren, auch die allermeisten Bürger von Erolzheim, Bechtenrot, Edenbachen, Edelbeuren, ferner viele von Opfingen, Berkheim, Kirchdorf, Dettingen, Illerbachen führten Steine herbei, auch von Bollsberg, Gutenzell, Laubach halfen viele.

An Ostern sah man, beinahe gegen aller Leute Erwarten, dass der Bau begonnen werden könne, denn die erforderliche Ebene war gewonnen, Kalk und Steine waren herbeigeschafft, auch die polizeiliche Baukonzession war nach dem vorgelegten Plane erhalten worden.“ (Chr.)

150 Jahre — Zeit des Heiles

Wir haben die Anfänge miteinander angeschaut.

Wenn wir nach 150 Jahren das in Worte zu fassen versuchen, was prägend war, was wie ein goldener Faden durch die Geschichte führt, was wesentlich ist und was konkret geworden ist, dann können wir etwa so sagen:
Der Gründer Faustin Mennel (21.02.1824 – 17.06.1889) lebte aus der befreienden Botschaft des Evangeliums und aus dem Wort Jesu Christi, der von sich selbst sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben in Fülle haben“ (Joh 10,10).

Dabei orientierte er sich an Franz von Assisi und verstand es, Begegnungen, Impulse und die Zeichen seiner Zeit als persönlichen Anruf Gottes zu deuten.
Im Vertrauen auf Gott setzte er das einmal als richtig Erkannte in Wort und Tat um.
Mit der wachsenden Klostergemeinschaft hat er eine kirchliche Einrichtung geschaffen, die Frauen einen Zugang zu sinnvoller Lebensperspektive und insbesondere Mädchen die Möglichkeit zu Bildung und Erziehung eröffnete.

Herzensanliegen war es Faustin Mennel, den Menschen seines Wirkungskreises Spuren aufzuzeigen, die sie zur Fülle des Lebens führen.

Um diesem Auftrag immer neu gerecht zu werden, haben die Bonlander Franziskanerinnen in der Folgezeit von Bonlanden aus in Deutschland und Übersee Schwesterngemeinschaften, sogenannte Konvente oder Kommunitäten gegründet sowie Aufgabenbereiche übernommen und Einrichtungen aufgebaut:

21.10.1902 – Gründung der ersten Filiale in Deutschland, St. Agnes in Riedlingen

Aussendung von Missionsschwestern:
01.06.1926 – nach Argentinien
04.01.1928 – nach Brasilien
12.04.1928 – in die USA
28.02.1953 – nach Paraguay.

8. Dezember — 2004

Das Generaldirektorium der Formation, die Ratio Formationis, ist ein Grundlagentext, der von Mitschwestern aus den genannten Ländern erarbeitet worden ist. Beim 14. Generalkapitel der Kongregation im August 2004 approbiert, wird das Dokument am 8. Dezember 2004, dem für die Kongregation so bedeutsamen Datum, in allen derzeit 40 Kommunitäten offiziell eingeführt. Das Schlusswort gibt folgende Orientierung:

Es ist Gott, der uns in seine Nachfolge ruft. Es ist Aufgabe jeder Einzelnen von uns, sich als geweihte Ordensfrau ständig darum zu bemühen, dass sich durch die persönliche und gemeinschaftliche Antwort auf den Ruf in die Nachfolge das Bonlander Charisma lebendig hält und erneuert.
Unsere Berufung in die Nachfolge, in die Jüngerinnenschaft, fordert von uns, dass sich auf allen Ebenen unserer Formung und Bildung, in allen Bereichen unseres Lebens, unsere Nachfolge Jesu Christi und das Befreiende seines Evangeliums darstellt und ausdrückt.
Daraus ergibt sich der uns eigene Dienst in der christlich religiösen Erziehung und Bildung, die es gilt, zunächst uns selber tief einzuprägen und sie jedem Bruder, jeder Schwester und der Welt durch Wort und Beispiel zu bezeugen. (Ratio Formationis)